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… es die Stasi nicht gegeben hätte?

… es die Stasi nicht gegeben hätte?

Es ekelt einen (z.B. den Autor), »solche Fragen« zu stellen. Wie erst muß es den Leser ekeln, sie zu lesen! Es ist, als würde man durch die Kanalisation waten. Man will dem, was da schwimmt, doch nicht dauernd begegnen. Sondern lieber hart an der »Zukunftssicherung« (A. Merkel) arbeiten. Aber die Zukunft will sich partout nicht blicken lassen, will nicht einmal ein Zipfelchen ihres weißen Gewandes lüpfen, wenn nicht allewegen mitgedacht wird, welch ein Schrecknis die DDR gewesen ist. Und so fließen aus zahlreichen Ritzen Rinnsale und Bächlein öffentlicher Gelder, die letztlich Fließgeschwindigkeit für die ganze Scheiße ermöglichen. Die DDR hat zwar keinen eigenen Posten im Bundeshaushalt. Doch sie kommt teuer.

Etwas davon bekommt die Universität in Friedrichshafen ab, die durch ihren lustigen Namen bekannt wurde – Zeppelin-Universität. Eine Uni nach einem Flugkörper zu benennen, dessen bedeutendste Ausführungen durchweg explodierten, das hat was! Aber gut, wenn sie sich im Rahmen der »Zukunftssicherung« alternativen Flugtechniken widmet …

Jedoch nicht ohne DDR. Das gehört quasi naturgegeben zum wissenschaftlichen Profil der Zeppelin-Universität, denn war die DDR nicht auch so was wie ein abgestürztes Flugobjekt? Nach umfangreichen Forschungen, deren Methodik im finsteren bleibt, ist den Zeppelinern der Nachweis des historisch Bösen anhand seiner späten Nachwirkungen gelungen. Das ist vom Forschungsansatz her eindrucksvoll. Denn das Argument der Faulen und Feigen, das Böse sei doch nun schon zwanzig Jahre her, verkehrt sich dramatisch in sein Gegenteil: Eben weil es zwanzig Jahre her ist und noch immer böse wirkt, ahnt man, wie böse das Böse dimensioniert gewesen sein muß. Und wenn es in hundert Jahren immer noch wirkt? Dann war die DDR noch böser, als in den vergangen hundert Jahren fälschlich angenommen worden war!

Die Wirkungen der DDR, also der Stasi, lassen sich mit den heute an einer forschenden Universität verfügbaren hochempfindlichen Meßgeräten belegen. Wenn es die Stasi nicht gegeben hätte (eigentlich muß man metaphorisch sagen: wenn es sie nicht immer noch gäbe), dann wäre die Arbeitslosigkeit in den ostdeutschen Ländern um einige Prozent geringer. Um auf eine exakte Zahl zu kommen, müssen die Werte, mit denen man rechnet auch exakt sein. Etwa so: Die Zahl jugendlicher Langzeitarbeitsloser teilt man durch die Zahl der enttarnten IM des MfS und gewinnt damit die absolute Zahl von Arbeitslosen, die direkt auf das Konto der Stasi gehen. Zur Sicherheit die rechnerische Probe: Jetzt teilen wir die Zahl der jugendlichen Langzeitarbeitslosen durch die Anzahl der anerkannten Stasi-Opfer. Die Ergebnisse müßten sich annähern. Gewonnen ist so eine wissenschaftlich belastbare Aussage.

So etwa kann man Daten aus allen Lebensbereichen generieren: Die Zahl der Unfälle im Straßenverkehr, der Fehlgeburten, der Insolvenzen, der Leichenschändungen, der Alkoholvergiftungen und der Suizide in Ostdeutschland – für all das ist zu einem gewissen Prozentsatz die Stasi verantwortlich, wenn man den Stasifaktor rechnerisch einbezieht.

Das gilt nicht nur bei Phänomenen, auf die man gern verzichten würde, sondern auch für solche, an denen Mangel herrscht. Da muß man allerdings Subtrahieren. So ist beispielsweise die Zahl der Organspenden pro Kopf im Osten signifikant geringer, als im Westen. Man nimmt den Westwert und subtrahiert die Zahl der IM– und ist baff: Es ergibt sich die Zahl der Organspenden im Osten. Sollte eine Gegenprobe nötig sein, dann mit der Zahl der Opfer. Das gleiche kann man mit dem Pro-Kopf-Einkommen machen: Westwert– IM=Ostwert.

Da es sich hier lediglich um die schöpferische Anwendung der Grundrechenarten handelt, wird wohl niemand auf die Idee kommen, Ideologen seien am Werk. Oder Professoren, die einfach nur die Quelle öffentlicher Mittel zur weiteren wissenschaftlichen Vernichtung der DDR offenhalten wollen.

So, und nun sind die Leser gefragt: In Ostdeutschland gib es pro Kopf zu viele Spaßbäder. Wie viele sind es – und wie haben Sie das gerechnet?

Junge Welt, 23. Juli 2010

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